Die Kriegsgefangenen und das Stalag (Stammlager) Markt Pongau

(Auszüge)
Die (...) sachliche Beschreibung der Lage und der Größenordnung bzw. der Baugeschichte des Stalag kann natürlich kaum einen Eindruck von den katastrophalen Zuständen wiedergeben, unter denen die Kriegsgefangenen hier in St. Johann zu leben hatten. Am ärgsten davon betroffen waren die russischen Kriegsgefangenen.
Die Innenarbeiten an den Baracken des Nordlagers waren noch nicht beendet, als im Herbst 1941 die ersten Transporte mit Russen in St. Johann eintrafen. Von einigen ihrer Landsleute erfuhr später ein französischer Kriegsgefangener, der "während der Arbeit auf den Feldern oder im Wald" mit ihnen "Kontakt hatte, ...daß sie zwei Wochen lang zu hundert in einem Wagen eingepfercht, ohne Nahrung für die Fahrt nach St. Johann brauchten. Sie fraßen sich fast untereinander." (246)
Diejenigen, die die Fahrt überlebten, kamen völlig ausgehungert und zum Großteil schwer krank am Bahnhof an. Unter SS-Aufsicht und mit Schreckschüssen eingeschüchtert, führte man sie ins Lager. Josef Höller - er mußte auf Befehl die Arbeiten in einer Baracke unterbrechen - konnte das Eintreffen dieses ersten Russentransportes 1941 beobachten und erinnert sich an die schreckliche Verfassung dieser Menschen.
(...)
Diese eklatante Schlechterbehandlung der Russen und die Mißachtung ihrer Menschenwürde dauerte bis Kriegsende an. Im Juni und September 1944 wurden eigene Vorschriften für die Behandlung russischer Kriegsgefangener erlassen. Die darin enthaltenen Richtlinien sanktionierten Barbarei als Rechtmäßigkeit. (...) Der Waffengebrauch gegenüber sowjetischen Kriegsgefangenen wurde in diesem Erlaß in jeder Weise gerechtfertigt.

(copyright: R.Stadler & M.Mooslechner)