Die Bauern und ihre Rolle im Konzept des Nationalsozialismus

(Auszüge)
Die "Erzeugungsschlacht" wurde umfunktioniert zur "Ablieferungsschlacht", die die Bauern zur "Versorgung von Front und Heimat mit den unentbehrlichen Nahrungsmitteln" antrieb. ( 127) Propagandistisch war die Presse des Reichsnährstandes bemüht, den aggressiven Eroberungsfeldzug der Deutschen Wehrmacht als "größte bäuerliche Entscheidung seit Jahrhunderten" hochzustilisieren, was für den Agrarbereich neben den menschlichen Opfern konkret bedeutete: Der Reichsnährstand vertrat nicht die Interessen der Bauern, sondern die des Kriegsministeriums. Seit Beginn des Angriffs auf Polen prasseln in den landwirtschaftlichen Publikationen unaufhörlich Aufrufe zu erhöhter Ablieferung bzw. Appelle an die Sparsamkeit auf die bäuerliche Bevölkerung nieder: "Wie steigere ich meine Kartoffelerträge?", "Legen unsere Hühner genug?".
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Der Ortsbauernführer von St. Johann gab zu sämtlichen Maßnahmen, durch die den Bauern Nachteile erwuchsen, seine volle Zustimmung. U.a. daran kann man auch die Qualität bäuerlicher Interessensvertretung in einem nationalsozialistischen Gemeinderat erkennen: Der Ortsbauernführer hatte lediglich die Funktion, das Verhältnis der Bauernschaft zur Gemeindeverwaltung und zur Parteileitung möglichst reibungslos zu gestalten und in erster Linie seinen Einfluß im Hinblick auf die Sicherung der Versorgung geltend zu machen.

(copyright: R.Stadler & M.Mooslechner)